Gedanken zum Wochenabschnitt (21.04.2023)

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Paraschat Tasria handelt zum grossen Teil vom „Zaraat“ (Aussatz), welcher Menschen, Häuser und Kleider befallen kann. Die jüdischen Weisen lehren, dass dieser Aussatz nicht eine natürliche Krankheit war und dass die Isolation, welcher der Aussätzige ausgesetzt wurde, nicht aus Hygienegründen stattfand.

Wochenabschnitt Tasria-Mezora

1. Ijar 5783 – April 22, 2023

Erste Tora: 3. Mose 12,1 – 15.33

Zweite Tora: 4. Mose 28,9-15

Haftara: Jesaja 66,1-24; Jesaja 66,23

Gedanken zum Wochenabschnitt von Rabbiner Jaron Engelmayer
(ספרא מצורע פר‘ ה‘) Die Aussätze kommen als Strafe für üble Nachrede, wie geschrieben steht: (5. Buch Moses 24, 8-9) „Hüte dich beim Aussatz… Gedenke, was der Ewige Miriam getan hat…“, um zu lehren, dass sie für üble Nachrede (mit Aussatz) bestraft wurde.“ 

Die Verbindung zwischen der üblen Nachrede und dem Aussatz stellt auch der Talmud (Arachin 15b) her: „Wie ist es gemeint, was geschrieben steht: (3. Buch Moses 14, 2) „Und dies ist die Lehre des מצורע (Aussätzigen)“? Dies ist die Lehre des מוציא שם רע (wer einen schlechten Namen verbreitet).“ der Aussatz als Strafe auf üble Nachrede steht. Gibt es zwischen einem Aussatz und der üblen Nachrede auch eine innere Verbindung in ihrem Wesen? Und worin unterscheidet sich die üble Nachrede von den anderen Verboten, dass gerade ihr eine so spezielle Strafe zukommt?


Es gibt einige Erklärer wie Ralbag und Abarbanel, welche im Aussatz eine natürliche biologische Erscheinung, eine Art von Krankheit, sehen. Ihnen gingen aber bereits Rambam und Ramban voran, welche diese Möglichkeit verwarfen. Ihrer Meinung nach handelt es sich um eine himmlische, unnatürliche Erscheinung, ein rein wunderhaftes Zeichen der Zurechtweisung. Der Aussatz auf Kleidern und Hauswänden – totem Material – ist ein möglicher Hinweis darauf (פיהמ“ש לרמב“ם נגעים יב‘ ה‘). Die üble Nachrede und der Aussatz weisen also keine natürliche, sondern eine geistige Verbindung auf. 


Der Mensch besteht aus zwei Komponenten: Körper, Staub des Erdbodens, und Seele, Hauch G“ttes (1. Buch Moses 2, 7). Dort heißt es weiter: „…und der Mensch ward zu einer lebenden Seele.“ Onkelos übersetzt diesen Ausdruck aramäisch mit רוח ממללא“ – „redender Geist“, Geist mit Sprachbegabung. Diese Sprachbegabung ist der Höhepunkt der zarten, wunderbaren Verbindung von Körper und Geist. Sie ermöglicht es, eine abstrakte geistige Idee, welche vom Menschen gedacht wird, durch die Artikulation von Silben und Wörtern konkret auszudrücken und sie in die reale Welt zu setzen. Die Rede ist der geistige Ausdruck der g“ttlichen Seele anhand des irdischen Körpers des Menschen! So schreibt der Rambam über die Sprachbegabung: (מורה נבוכים ג‘ ח‘) „Denn die Rede, sie ist die Begabung des Menschen und das Gut, welches ihm gegeben wurde und durch das er sich absondert… und wer seine Gedanken oder seine Reden zur Schande verwendet, …der bedient sich des gegebenen Gutes und benützt es, um gegen den Wohltäter und seine Gebote zu rebellieren.“ Die Verwendung der Sprache zum Schlechten ist nicht bloß irgendein Verbot, sie führt zur Entfremdung und Entfernung der g“ttlichen Gegenwart, des g“ttlichen Ebenbildes im Menschen!


So beschreibt es auch der Kusari (2, 62): Die g“ttliche Gegenwart war im Volk Jisrael wie der Lebensgeist im menschlichen Körper, gab ihnen g“ttliche Lebenskraft, und übertrug ihnen Glanz, Schönheit und Licht in ihren Seelen, ihren Körpern, ihrer Kleidung und ihren Wohnstätten. Wenn sie sich entfernte, ging die Schönheit vorüber; und wenn sie sich von Einzelnen entfernte, wurden an jenen Zeichen der Entfernung des Lichtes sichtbar.“ Wenn jemand also durch schlechte Reden verursachte, dass sich die g“ttliche Lebenskraft in ihm von ihm trennte, dann hinterließ dies Zeichen der Hässlichkeit in Form eines Aussatzes an seinem Körper, seinen Kleidern oder seinen Hauswänden. 


Ein Aussätziger sitzt einsam außerhalb des Lagers (3. Buch Moses 13, 46) und trauert um sich selbst, um den g“ttlichen Geist, der von ihm gewichen ist. „Seine Kleider sind zerrissen, einem Trauernden gleich, …denn er trauert über die Schlechtigkeit seiner Taten…“ (Ibn Esra dort 47). Mit Raschis Worten: „Weil er zwischen Mann und Frau und zwischen Freunden Zwiespalt hervorrief, deshalb wird auch er abgesondert.“ Wer von anderen schlecht redet, schadet nicht nur anderen, sondern sich selbst! Er leugnet das Gut, welches ihm gegeben wurde. Denn wer das Leben wählt und begehrt, wird sich die Worte des Psalmisten besonders zu Herzen nehmen: (34, 13-15) Wer ist der Mann, der Leben begehrt, der Tage liebt, Gutes zu sehen? Wahre deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, dass sie nicht Trug reden; Weiche vom Schlechten und tue Gutes, verlange Frieden und jage ihm nach!“
 
Rabbiner Jaron Engelmayer