Gedanken zum Wochenabschnitt (27.01.2023)

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Parascha Bo 

6. Schwat 5783 – Januar 28, 2023

Tora Lesung: Bo: 2.Mose 10,1 – 13,16 

In diesem Tora-Abschnitt erleiden die Ägypter die letzten drei Plagen (Heuschrecken, Dunkelheit und Tot der Erstgeborenen). Moses gebietet, dass die Israeliten das Pessach Opfer bringen und die Gesetze des Seders lernen. Nach der letzten Plage entlässt Pharao die Israeliten ohne Bedingungen aus seinem Land. (Chabad.org)

Haftara: Jeremiah 46,13-28

In diesem Tora-Abschnitt lesen wir, wie die ägyptische Nation durch die letzten drei der Zehn Plagen verheerend zerstört wird. In der Haftara lesen wir, wie G-tt Jahrhunderte später Ägypten durch Babylons König Nebukadnezar bestraft hat. (Chabad.org)

Gedanken zum Wochenabschnitt  

Pessach ist bis heute eines der Feste im jüdischen Kalender, welches das jüdische Volk in seiner ganzen Bandbreite erreicht. Auch traditionelle und selbst säkulare Kreise begehen den Sederabend in traditioneller Weise. Sogar in dunklen Zeiten der Inquisition bei den Marranen, oder in Zeiten des Kommunismus im Herzen der Ostblockstaaten, in welchen das Judentum als gelebte Religion keinen Platz mehr haben sollte, wurde dieser Feiertag weiter aufrechterhalten, insgeheim, Mazzot wurden angeschafft und in Kellern oder hinter verschlossenen Türen still und klammheimlich ein Sederabend abgehalten. 
 
Pessach hat schon historisch einen besonderen Stellenwert. An fünf Stellen werden in den Heiligen Schriften der Prophetie, im Tanach, spezifische Pessachfeste erwähnt:
1) Als die Israeliten aus Ägypten zogen (2. Buch Moses 12, 43-50)
2) Im darauffolgenden Jahr, im ersten Jahr der Wüstenwanderung, als einige Männer unrein waren (4. Buch Moses 9, 1-14)
3) Beim Einzug ins Land Israel (Josua 5, 11-12)
4) In den Tagen des Königs Joschijahu, als er und das ganze Volk zu G”tt in Teschuwah zurückkehrten (Könige II. 23, 21-23)
5) In den Tagen von Esra und Nechemia (Esra 6, 19-22)
 
Diese fünf Pessachfeste befinden sich an zentralen Ereignissen und Wendepunkten in der Geschichte des jüdischen Volkes:
1) Der Auszug aus Ägypten, die Schaffung eines freien Volkes
2) Das zweite Jahr in der Wüste, der Beginn der eigentlichen Wüstenwanderung
3) Der Einzug ins Land Israel, der Beginn dessen Besiedlung
4) Wiedervereinigung des Volkes unter König Joschijahu
5) Rückkehr ins Land Israel nach siebzig Jahren babylonischen Exils
 
Doch worin liegt die tiefere Bedeutung des Pessachfestes im Kontext dieser Ereignisse?
Es handelte sich um zentrale historische Momente, da erneut ein Bund zwischen G”tt und seinem Volk erforderlich war und durch das Pessachfest verwirklicht wurde! Pessach ist das Fest, an welchem G”tt mit dem jüdischen Volk einen besonderen Bund schloss, es unter den Ägyptern hervorhob und ihm eine historische nationale Aufgabe zuwies. Von nun an wird Sich G”tt durch das jüdische Volk und seine Geschichte zeigen und in der Welt offenbaren. 
 
Es ist daher kein Zufall, sondern für den Charakter des Festes bezeichnend, dass ausgerechnet dieses durch alle Zeiten und bis heute nach wie vor vom jüdischen Volk umfassend gefeiert wird, als identitätsstiftendes und -stärkendes Merkmal. 
Möge sich dieser Bund ein weiteres Mal bald erneuern, wie wir an Pessach bekräftigen: Leschana habaa biJeruschalajim habenuja! („Nächstes Jahr in Jerusalem“ – Anmerkung Redaktion))
 
Rabbiner Jaron Engelmayer