Gedanken zum Wochenabschnitt (11.02.2023)

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Wochenabschnitt Jitro

20. Schwat 5783 -11. Februar, 2023

Tora Lesung: Jitro: 2. Mose 18:1 – 20:23 

Haftara: Jesaja 6:1-13

Allgemeiner Überblick: Im Tora-Abschnitt dieser Woche kommt Moses‘ Schwiegervater Jitrobeim Lager der Israeliten an und empfiehlt, dass ein gut funktionierendes Rechtssystem geschaffen wird. Die Israeliten erleben die Göttliche Offenbarung am Berg Sinai und hören die Zehn Gebote.

Gedanken zum Wochenabschnitt von Rabbiner Jaron Engelmayer

Spannende Geschichten ranken sich um die Übergabe der Torah am Berg Sinai, von welcher wir im Wochenabschnitt lesen, unter anderem folgende, welche von einer Diskussion mit den Engeln berichtet: (Bab. Talmud Schabbat 88b) “Als Mosche in die Höhen stieg, fragten die Engel vor G”tt: ‘Herr der Welt, was sucht dieser Mensch unter uns?’ ‘Er kam, um die Torah zu empfangen.’ Da sagten sie: ‘So etwas Teures willst Du an Fleisch und Blut vergeben?’ Da forderte G”tt Mosche auf zu antworten. Mosche aber fürchtete, die Engel würden ihn mit ihrem Hauch verbrennen. Erst als G”tt ihm Schutz garantierte, begann er: 

‘Herr der Welt, die Torah, die Du mir gibst, was steht in ihr? (2. Buch Mose 20,2) “Ich bin der Ewige, dein G”tt, Der dich aus Ägypten geführt hat…”’ Sagte er zu den Engeln: ‘Seid ihr etwa nach Ägypten gezogen? Wurdet ihr von Pharao verknechtet? Weiter steht in ihr geschrieben: “Du sollst keine anderen Götter haben!” Seid ihr Engel überhaupt versucht, anderen Göttern zu dienen? “Gedenke des Schabbats, ihn zu heiligen!” Verrichtet ihr denn irgendwelches Werk, dass ihr einer Ruhe bedürft? ’ So fuhr Mosche fort und ging die Zehn Gebote der Reihe nach durch: “Du sollst nicht morden, nicht ehebrechen, nicht stehlen…” Jedesmal stellte er von neuem fest, dass der Inhalt der Torah keineswegs mit dem Wesen der Engel verbunden ist und ihrem Dasein nichts zufügen kann. Schliesslich entscheidet G”tt zu seinen Gunsten und auch die Engel geben Mosche Recht. 

Was will uns diese Erzählung mitteilen, was ist ihr tieferer Sinn? 

Engel sind immaterielle, von G”tt in Perfektion erschaffene Wesen und Boten Seines Willens. Sie können nicht verstehen, wie eine derart perfekte Schöpfung wie die Torah den ebenfalls perfekten Himmel, also die rein spirituellen Sphären, verlassen soll, um dem fehlerbehafteten irdischen Wesen der Menschen überlassen zu werden. Denn vollkommene Perfektion ist auf der Erde nicht zu finden, zwangsläufig wird die Vollkommenheit der Torah also in Mitleidenschaft gezogen und käme somit zuschanden. 

So bezeugt der Talmud (Baba Batra 165a): “…und alle (straucheln sie) an übler Nachrede. Meinst du wirklich an Laschon Hara? Nein, sondern am Staube (=an den Details) von übler Nachrede.” Keiner ist nicht wenigstens einmal im Leben über ein “Staubkorn” Laschon Hara gestolpert.  

Wo aber existiert sie doch, die Perfektion des Gebotes? Im Himmel, wo es keinen schlechten Trieb und keine materiellen Herausforderungen gibt, wo bloß und einzig das Wort G”ttes gilt und existiert – in der Welt der Engel. 

Ihr Argument war so stark, dass sich Mosche zunächst fürchtete zu antworten, denn ihre Behauptung war richtig, und ihr Feuer der Wahrheit hätte ihn verzehren können! Unter dem Schutze G”ttes gelingt es ihm jedoch, den Anspruch der Engel anhand des Inhaltes der Torah selbst zu widerlegen und aufzuzeigen, dass die Torah von vornherein auf den Menschen zugeschnitten und ihm zugedacht ist. Auch wenn er nicht imstande ist, die Gebote in Vollkommenheit zu erfüllen – nicht das ist es, was die Torah von ihm verlangt, sondern, dieses Ziel nach Kräften und Möglichkeiten anzustreben und zu einem besseren Menschen im Sinne des Ebenbilde G”ttes zu werden.   

Copyright: Rabbiner Jaron Engelmayer