Gedanken zum Wochenabschnitt (17.03.23)

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25. Adar 5783 – 18.03.2023 

Erste Tora: Wajakhel-Pekudej: 2. Mose 35,1 – 40;38

Zweite Tora: Parshat Hachodesh: 2. Mose 12,1-20

Haftara: Hesekiel 45,18 – 46,15

Gedanken zum Wochenabschnitt von Rabbiner Jaron Engelmayer

Endlich ist es soweit: das Mischkan, das Heiligtum in der Wüste, wird nach mehreren Wochen der Einleitung, Anweisungen und Vorbereitungen tatsächlich errichtet. Jeder Schritt dieser Errichtung wird auffallend häufig, insgesamt ganze 19 Mal (!), mit den Worten: „כאשר צוה ה‘ את משה“ – „wie G”tt Mosche befohlen hatte“, abgeschloßen. Wozu wird diese Feststellung derart oft wiederholt?

Der Erklärung Raschis zufolge folgte nicht nur die Errichtung, sondern auch die Anweisung zum Mischkan auf die Sünde des Goldenen Kalbes. Rabbi Jehuda Halevi stellt darüber hinaus in seinem Werk Kusari eine inhaltliche Verbindung zwischen den beiden her: 

(מאמר א‘, סעיף צז‘) Die Sünde des Goldenen Kalbes entsprang hauptsächlich einem ”technischen” Problem der menschlichen Grenzen:  Um G”tt zu dienen ist der Mensch auf etwas Definierbares angewiesen, einen Punkt, an dem er sich orientieren und auf den er seine Gedanken richten kann. Insbesondere beim Beten wird dieses Problem deutlich. Denn G”ttes Wesen entzieht sich dem menschlichen Vorstellungsvermögen und ist in seiner unkörperlichen Unendlichkeit für den Menschen nicht greifbar! Dieser lebt in einer Welt von relativen (=nicht absoluten) Begriffen, seine Erfahrungswerte kreisen um diese Dimension seines Daseins. G”ttes überdimensionales, unkörperliches und unendliches Wesen auch nur ansatzweise zu verstehen versuchen stellt ihn vor eine große Herausforderung.

Diese war, so der Kusari, Ursprung des Goldenen Kalbes, denn die Israeliten waren auf etwas (Be-)Greif- und Fassbares angewiesen, um sich dadurch an G”tt wenden zu können. G”ttes Existenz leugneten sie nicht, auch vertauschten sie Ihn nicht mit anderen Göttern, es handelte sich lediglich um ein Mittel, um den Weg zu dem G“tt zu finden, Den sie im Auszug aus Ägypten und am Berg Sinai erkannt hatten, wie sie bezeugen: “Dieses ist dein Gott, der dich aus Ägypten führte” (2. Buch Moses 34, 4).

Wieso wog dieses Anliegen derart schwer, dass G”tt zunächst alle vernichten wollte (dort 10)? Diese Frage trifft den Kern des Werkes, welches mit dem Traum des Königs der Kusaren beginnt: „Deine Absichten finden Gefallen (in den Augen G“ttes), nicht aber deine Taten.“ Um G”tt wahrlich zu dienen reichen reine Absichten allein nicht aus, erst wenn sie von g”ttgewollten Taten begleitet sind, werden sie Ziel und Zweck erreichen und G”ttes Willen entsprechen!

Genau hierin liegt der wesentliche Unterschied zwischen dem Goldenen Kalb und dem Mischkan. Beide dienten demselben Zweck: den G”tt Suchenden physische Orientierung und Berührungspunkt zu geben. Das Kalb jedoch war der Weg, den sich die Sündiger selbst ausgesucht hatten. Das Mischkan hingegen war g”ttbefohlen und entsprach somit Seiner Anleitung und Seinem Willen, wie Ihm nach Seiner Vorstellung zu dienen. Deshalb wird auffällig betont, dass das Mischkan bis in jedes Detail genau dem Willen und der Vorstellung G”ttes entsprechend aufgebaut wurde, womit die Lehre aus der Sünde des Goldenen Kalbes gezogen war.