Gedanken zum Wochenabschnitt (28.04.23)

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Wochenabschnitt Acharej-Kedoschim 

8. Ijar 5783 – April 29, 2023

Tora Lesung:  3.Mose 16,1 – 20,27 

Haftara: Amos 9,7-15

Gedanken zum Wochenabschnitt Rabbiner Jaron Engelmayer
Mit erhabenen Worten der g“ttlichen Weisung beginnt der zweite unserer Wochenabschnitte (3. Buch Moses 19, 2) „Rede zu der ganzen Gemeinde der Kinder Jisrael und sage ihnen: ‚Heilig sollt ihr sein! Denn heilig bin Ich, der Ewige, euer G“tt.'“ Andernorts in der Torah heißt es jedoch: (5. Buch Moses 7, 6) „Denn ein heiliges Volk bist du dem Ewigen, deinem G“tt…“
 Wie wir diesen Sätzen entnehmen können, liegen der Heiligkeit zwei Grundlagen zugrunde:

1)    Die Heiligkeit ist eine Tatsache, eine g“ttliche Bestimmung: „ein heiliges Volk bist du“. Den Begriff der Heiligkeit treffen wir zum ersten Mal in der Torah in diesem Sinne an: (1. Buch Moses 2, 3) „Und G“tt segnete den siebten Tag und Er heiligte ihn…“ Der siebte Tag der Woche ist seit der Schöpfung der Welt heilig, vom Menschen und seinem Wirken unabhängig – einfach Realität. Diese Realität von Heiligkeit treffen wir nicht nur in Bezug auf Zeit, sondern auch auf den Menschen (wie oben erwähnt) und Ort an: (2. Buch Moses 3, 5) „Und Er (G“tt) sprach: ‚Nahe nicht hierher (dem brennenden Dornbusch); Ziehe deine Schuhe von deinen Füssen, denn der Ort, auf dem du stehst, ist ein heiliger Boden.“

2)    Die Heiligkeit ist bedingt, vom Wahlvermögen und den Entscheidungen des Menschen abhängig: (3. Buch Moses 19, 2) „Heilig sollt ihr sein!“; (2. Buch Moses 19, 6) „Und ihr seid Mir… ein heiliges Volk!“ Auch diese Form der Heiligkeit existiert wiederum auf drei Ebenen: Die Zeit (3. Buch Moses 23, 2: „Dies sind die Festtage des Ewigen, welche ihr heilig verkünden sollt“), der Ort (s. Mischna Schewuot 2, 2: Wie fügt man der heiligen Stadt Jerusalem geheiligtes Gebiet hinzu) und der Mensch („Heilig sollt ihr sein“) sind Kraft eines menschlichen Aktes zu heiligen.

Zu dieser Einteilung sind noch zwei wesentliche Bemerkungen anzufügen:
Erstens ging die erste Stufe der zweiten voran: Zuerst wurde die Heiligkeit in der Realität g“ttlich bestimmt, und erst dann vom Menschen und seiner Entscheidungskraft abhängig gemacht. Die grundsätzliche Stufe der Heiligkeit ist das Potential und die Eignung zur Verweilung der g“ttlichen Gegenwart. Diese ist von den Taten der Menschen unabhängig, sie kann nicht durch die Taten der Menschen aufgehoben werden!
Zweitens wohnt der Gemeinschaft eine Heiligkeit inne, welche vom Wahlvermögen einzelner nicht beeinträchtigt und aufgehoben werden kann. Deshalb werden die Gemeinden in der Regel קהל קדוש oder קהילה קדושה, (abgekürzt ק“ק – „k&k“), eine heilige Gemeinschaft, bezeichnet. Auch deswegen ist die Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinschaft derart wesentlich für die jüdische Identität jedes Individuums. Es erstaunt also nicht, wenn Hillel in den Sprüchen der Väter mahnt: „Löse dich nicht von der Gemeinschaft ab!“, oder wenn Maimonides die Trennung von der Gemeinschaft als eine der Ursachen verortet, welche den Weg zur Teschuwah (Umkehr) fast unmöglich werden lässt. Die Gemeinschaft bildet den Grundstock und das stete Potential für die Heiligkeit, welche schließlich durch das Wahlvermögen ihrer Mitglieder in die Tat umgesetzt wird. Dadurch wird die g“ttliche Gegenwart auf Erden sichtlich spür- und erkennbar. „Denn heilig bin Ich, der Ewige“.